Gewerkschaften in den USA

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Die USA gelten seit jeher als eine der liberalsten Volkswirtschaften der Welt, was den amerikanischen Gewerkschaften per se eine im Vergleich zur europäischen Tradition verschiedene Rolle in der amerikanischen Wirtschaftshistorie zuschreibt. Die Organisation der Gewerkschaften ist eine andere als die der zentralistischen Strukturen europäischer und insbesondere deutscher Gewerkschaften und Dachverbände
Den amerikanischen Gewerkschaften kommt vielmehr eine deutlich lokalere Bedeutung zu. So sind die vielen einzelnen Ortsvereine – meist unter dem Dachverband AFL-CIO organisiert oder in branchenspezifische Gewerkschaften, wie die U.A.W. für die Automobilindustrie im Falle des Volkswagenwerkes in Chattanooga, Tennessee – im Vergleich zu ihren deutschen Äquivalenten deutlich mächtiger und handlungsbefugter. Sie sind es, die an Tarifverhandlungen teilnehmen und dort die Interessen der Arbeitnehmer vertreten. Auch Streiks finden örtlich und regional begrenzter statt, als man dies von den klassisch europäischen, vor allem französischen Generalstreiks gewohnt ist.

Deutlich zu differenzieren ist dabei jedoch zwischen den Regionen der Vereinigten Staaten, die sich vereinfacht betrachtet in den Norden und den Süden der USA aufgliedern lassen. Gewerkschaftliche Strukturen finden sich vor allem in dem klassisch hoch industrialisierten Norden mit seiner besonders ausgeprägten Metall- und Automobilindustrie, wohingegen im – historisch vor allem in der Agrar- und Baumwollindustrie angesiedelten – Süden der USA eine Gewerkschaftskultur nie richtig etabliert werden konnte. Dies führt dazu, dass vorwiegend ein Abwanderungstrend einiger Firmen, wie z.B. VW und Boeing, in den überwiegend – aus einem traditionellen historischen Selbstverständnis heraus – gewerkschaftsfreien Süden zu beobachten ist. Doch auch andere deutsche Autofabrikanten produzieren aufgrund dieses Standortfaktors in den Südstaaten der USA. So etwa Mercedes- Benz in Alabama oder BMW in South Carolina. Im Ranking der Gewerkschaftsdichte liegt der an der kanadischen Grenze gelegene Bundesstaat New York mit 23,2% auf Platz 1, wohingegen der Südstaat North Carolina, der vor allem für den zweitgröβten Bankensektor der USA und Firmen aus dem Informationstechnologiesektor bekannt ist, mit legidlich 3,2% den letzen Platz belegt (Quelle: Frankfurter Rundschau, 28.01.2013).

Da sich die Wirtschafts- und Produktionsstruktur erheblich und vor allem in einem globalen Kontext verändert, worauf sich auch die europäischen Gewerkschaften einstellen, haben auch die amerikanischen Gewerkschaften mit dem stetig wachsenden Mitgliederschwund zu kämpfen. Während Mitte der fünfziger Jahre etwa 40% aller Angestellten in den USA einer Gewerkschaft angehörten oder unter einen Tarifvertrag fielen, waren im Jahr 2011 nur noch 11,8% aller amerikanischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen – mithin etwa 14,8 Millionen – gewerkschaftlich organisiert (Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2014).
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und viele Grüße aus Charlotte
Reinhard von Hennigs
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